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Formulierungsbeispiel: "Laufzettel aus den 50er Jahren" zu Frage 3:

"Ein Laufzettel ist vermutlich die Dokumentation von Stationen. Er könnte zeigen, welche ersten Schritte Migranten nach dem Überschreiten der Grenze in der BRD machen mussten. Man könnte erkennen, wie aufwändig das Aufnahmeverfahren war und damit, was dem Aufnahmeland wichtig war. Wahrscheinlich geben sie aber keine Auskunft über über persönliche Erlebnisse oder Gefühle."

×

Formulierungsbeispiel: "Bild Barackenalltag" zu Frage 3:

"Das Foto könnte zeigen, wie einfach oder schwierig das Leben der Migranten in den Baracken war. Doch ein einzelnes Bild zeigt nur einen Moment und lässt oft offen, wie es den Menschen wirklich ging."

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Hier eine fiktive Stadtgeschichte. Adaptiere Sprache und Struktur, wenn es dir weiterhilft. Achte zudem auf die Angabe der Perspektive:

"Aus Sicht des Bürgermeisters stand die Stadt Falkenberg nach dem Krieg vor einer besonderen Herausforderung: Zwar war sie vom Bombenkrieg verschont geblieben, doch durch die ländlich geprägte Umgebung und das Fehlen größerer Betriebe fehlten Arbeitsmöglichkeiten für die Bevölkerung. Viele Menschen hatten ihre Beschäftigung während des Krieges verloren und fanden nun keinen Anschluss an eine funktionierende Wirtschaft.

Auch die Landwirtschaft konnte den Bedarf kaum decken, da es an Maschinen, Saatgut und Dünger mangelte. Die Folge waren Armut, Versorgungsengpässe und eine wachsende soziale Unruhe.

Der Bürgermeister sah in der wirtschaftlichen Isolation der Stadt ein langfristiges Risiko und forderte gezielte Maßnahmen zur Förderung von Handwerk und Handel."

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Beispieltext zur Analyse einer fiktiven Zeitzeugin mit einem ganz anderes Selbstbild als Frau Hollbein. Du bekommst hier also eine Vorstellung vom Aufbau und der Sprache einer Analyse. Beides darfst du adaptieren. Fett markiert sind die Textbezüge (fiktiv).

"Auffällig ist auch das Selbstbild der Zeitzeugin. Sie beschreibt sich selbst vor allem als jemand, der „mitgerissen“ wurde von den Umständen – als Opfer politischer und familiärer Entscheidungen. Ihre Formulierungen wie „Ich hatte ja keine Wahl“ oder „Man hat uns einfach rübergebracht“ zeigen, dass sie sich nicht als aktiv handelnde Person sieht, sondern eher als Getriebene der Situation."

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Beispieltext zur Frage 1 - Erzählweise. Auch hier kannst du Aufbau und Sprache aufnehmen. Fett markiert sind die Textbezüge.

"Vera Hollbein erzählt sachlich, klar und chronologisch. Ihr Bericht ist weitgehend strukturiert: Sie beginnt mit ihrer Herkunft und schildert dann die Stationen ihrer Flucht und Aufnahme im Westen. Einschübe wie der CIA-Befragung oder die Einteilung in Flüchtlingsausweise zeigen, dass sie auf bestimmte Episoden gezielt eingeht, ohne stark auszuschweifen. Die Sprache ist nüchtern, aber gelegentlich auch bildhaft („kein roter Teppich“), was emotionale Untertöne erkennen lässt."

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Statement 1: dafür

"Ich finde, dass wir das Notaufnahmelager Gießen besuchen sollten. Für mich ist das Lager „eine Station auf dem langen Weg zur Freiheit für viele Menschen“. Dort wurde vielen die erste Hilfe und Hoffnung nach der Flucht gegeben. Besonders spannend finde ich die Themen „Erste Station im Westen – Leben im Lager Gießen“ und „Fallbeispiele für geglückte Fluchten“. Diese zeigen konkret, wie das Ankommen im Westen ablief und was die Menschen durchgemacht haben. Ich denke auch, dass wir durch solche Orte „von der Geschichte der Flucht für heute lernen können“. Deshalb ist ein Besuch aus meiner Sicht sinnvoll – nicht nur historisch, sondern auch menschlich."

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Statement 2: unsicher

"Ich bin mir unsicher, ob ein Besuch des Lagers wirklich sinnvoll ist. Einerseits finde ich es wichtig, dass wir von der Geschichte der Flucht für heute lernen können“. Themen wie „Warum Menschen ihr Zuhause in der DDR hinter sich ließen“ und „Politische Krisen der DDR sichtbar im Lager Gießen“ finde ich spannend. Andererseits frage ich mich, ob „ein Ort, der zeigt, wie schwierig Integration nach der Flucht sein kann“, uns heute noch genug sagt. Vielleicht fehlt der persönliche Bezug. Trotzdem: Flucht ist „ein Thema, das zu allen Zeiten Gesellschaften beschäftigte“, auch unsere. Wenn wir das kritisch besprechen, kann ein Besuch sinnvoll sein. Ich bin also offen – je nachdem, wie wir ihn vorbereiten."

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Statement 3: dagegen

"Ich bin gegen den Besuch des NAL Gießen. Für mich ist das Lager „ein Ort, über den ich noch nicht genug weiß, um mir eine klare Meinung zu bilden“. Die Situation der Menschen dort ist für mich „nicht mehr nachvollziehbar“, weil sie so weit weg von meinem Alltag ist. Auch die Ausstellungsthemen wie „Ministerium für Staatssicherheit – Schild und Schwert der Partei“ oder „Die SED als ‚Partei neuen Typs‘“ sprechen mich weniger an. Sie wirken eher abstrakt und politisch als persönlich. Ich finde, es gibt andere Themen im Geschichtsunterricht, „die mich mehr ansprechen als dieser Ort“. Deshalb würde ich einen anderen Lernort bevorzugen."

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Notaufnahmelager Gießen 1950-90

Notaufnahmelager Gießen 1950-90

Einrichten im Übergang

In drei Bausteinen erfährst du, welche Erfahrungen Menschen machten, die aus ihrer Heimat flüchteten. Und du erfährst, wie das Notaufnahmelager Gießen entstand.
Bearbeitungsdauer: ca. 90 Minuten, Kl. 9/10

Notaufnahmelager Gießen 1950-90 | Baustein 01

Lager

„Am 22. oder 23. Dezember kam eine Familie aus Kraftsolms auf uns zu. Diese Familie hat im Fernsehen den großen Flüchtlingsstrom gesehen. Dass das alles so dramatisch war und die Zustände im Notaufnahmelager chaotisch und schlimm waren. Daraufhin haben sie sich dann in ihrem Familienrat dazu entschlossen, irgendjemanden im Notaufnahmelager anzusprechen und diese Familie zu Weihnachten einzuladen. Diese Familie waren halt wir.“

Das sind Erinnerungen an eine Flucht aus der DDR 1989. Eine Geste der Menschlichkeit für Menschen, die als Flüchtlinge in einem Aufnahmelager massenhaft mit anderen Flüchtlingen lebten, ohne zu wissen, wie es weitergeht.

Solche Lager haben eine Geschichte. Sie veränderten sich über die Zeit. Die meisten sind in Vergessenheit geraten. Sie fungierten im Krieg, um Menschen gefangenzuhalten, und nach dem Krieg, um Menschen zu versorgen. Wie entstanden Orte wie Lager? Wie werden sie erforscht?

In dem Modul erwarten Dich 2 Arbeitsschritte.

PROVISORISCHE UNTERKÜNFTE?

01

Provisorische Unterkünfte? | Quellen recherchieren

Die Historikerin Jeannette van Laak erforschte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gießen. Zu Beginn ihrer Arbeit stellt eine Historikerin wie sie gezielt Fragen, die sie dann mit Quellen beantwortet. Die Recherche nach geeigneten Quellen ist wie ein Findspiel. Es ist nicht klar, wo genau sich Antworten finden lassen. Man muss daher bei der Suche klug vorgehen.

In Archiven gibt es Findbücher. Im Verzeichnis wird dort nur kurz angegeben, worum es in der Archivalie geht. Mit dem richtigen Gespür erkennt man Hinweise auf die Fragen. Beweise nun dein Gespür!

Aufgabe 1
Die zentralen Forschungsfragen der Historikerin van Laak lauten:

  1. Wie kam es zur Einrichtung des Lagers Gießen, das vor Ort nicht gewollt war?

  2. Wieso konnte diese Einrichtung dennoch 40 Jahre lang bestehen?

  3. Wie erging es den Migranten bei der Übersiedlung in die BRD?

Folgende Quellen stehen im Findbuch zur Auswahl. Inwieweit geben Sie Antworten auf die obigen Fragen?

  • Ziehe die Quelle in das Fragefeld, von dem du annimmst, es fänden sich Antworten darin.

Aufgabe 2:
  • Wähle zwei deiner Zuweisungen aus und kommentiere deine Entscheidungen in je 3-4 Sätzen. Schreibtipp: Grenze und Potential einer Archivalie – Beispiel 1 und Beispiel 2.

Provisorische Unterkünfte? | Lagertypen

“Ein Lager ist nicht für die Dauer gedacht. Es soll nur für vorübergehende Zeit bestehen und seinen Bewohnern Platz bieten – ein Provisorium. Die in ihm leben, sind nicht auf´s Bleiben eingerichtet, wer lange in Lagern lebt, tut dies nicht freiwillig.“ (Ulrich Herbert).

Lager sind eine Entwicklung aus letzten 150 Jahren. Die Barackensiedlungen in Berlin waren Ende des 19. Jahrhunderts notdürftige Unterkünfte für Menschen, für die kein Wohnraum verfügbar war. Sie galten als Schandfleck, ein Ruf, den sie nicht mehr verloren. Barackenlager finden sich in den Weltkriegen als Krieggefangegenlager und nach den Weltkriegen für all die Menschen, die auf der Suche nach einer Heimat sind. Lager verändern sich über die Zeit.

Aufgabe 2
Die Aussagen unten charakterisieren bestimmte Lagertypen?

  • Weise die Aussagen in das dazugehörige Feld.

Notaufnahmelager Gießen 1950-90 | Baustein 02

Die Anfänge des Notaufnahmelagers

Nach dem Kriegsende 1945 war Deutschland ein weitgehend zerstörtes Land voller entwurzelter Menschen. Millionen Geflüchtete, Vertriebene aus dem Osten, ehemalige Zwangsarbeiter und Überlebende der Konzentrationslager irrten durch das Land auf der Suche nach Sicherheit und Unterkunft. Die westlichen Alliierten standen vor einer gewaltigen Aufgabe: Wie sollten all diese Menschen untergebracht, versorgt und registriert werden? Sie griffen auf das zurück, was bereits vorhanden war – Lager aus der NS-Zeit. Ehemalige Kriegsgefangenenlager, Konzentrationslager-Außenstellen, Wehrmachtskasernen oder Barackenanlagen wurden nun genutzt als Flüchtlingslager, Durchgangslager oder sogenannte DP-Camps, im gesamten Deutschland mehrere tausend Lager. In welcher Situation befand sich Gießen, bevor die Entscheidung fiel, dort ein Notaufnahmelager einzurichten? In diesem Modul erwarten dich 3 Arbeitsschritte.

DAS NAL IN GIESSEN

02

Das NAL in Gießen | Vergangenheit befragen

Im Dezember 1944 flogen Britische Bomber Angriffe auf Gießen. Vier Monate später beendeten US-Truppen mit ihrem Einzug den Krieg in der Stadt. Bereits im Oktober 1945 legte die Militärregierung der USA fest, dass Hessen 1946 rund 600.000 Vertriebene und Flüchtlingen aufnehmen müsse. Anfang 1946 erreichten die ersten 1200 Menschen Gießen mit Güterwagen.

In welcher Situation befand sich Gießen in der unmittelbaren Nachkriegszeit?

Historiker können nur mit Quellen arbeiten, die noch finden. Es gibt also keine Vollständigkeit. Sie erzählen dann die Geschichte mit Antworten zu Fragen, die sie aus diesen Quellen sinnvoll zusammenführen. Jetzt bist du dran.

Aufgabe 1
Welche Fragen erscheinen dir sinnvoll, um Quellen gezielt nach der Situation in Gießen 1945 zu bearbeiten?

  • Entwickle 3 „kommentierte“ Fragen nach dem Beispiel unten.

Das NAL in Gießen | Anfänge 1945 – 49

Ein Bericht des Oberbürgermeisters aus dem Jahr 1948 gibt Aufschluss darüber, wie es um die Stadt zur damaligen Zeit stand. Außerdem kannst du Informationen aus dem Stadtplan von 1945 entnehmen.

Aufgabe 2

  • Lies die Auszüge aus dem Bericht und analysiere die Stadtkarte.

  • Welche Informationen helfen dir, deine Fragen zu beantworten? Markiere diese Herausforderungen der Stadt.

Aufgabe 3
Nimm an, das Landesinstitut für pol. Bildung will einen Artikel zur Stadt Gießen online veröffentlichen. Es fehlt ein Absatz zum Thema „Gießen nach dem Krieg„. Die Redaktion räumt dir 5-7 Sätze ein.

  • Schreibe diese 5-7 Sätze. Wie geht das? Hier ein Formulierungsbeispiel

Das NAL in Gießen | Das Lager verlegen?

Mitte August 1949 verkündete die Gießener Freie Presse die bevorstehende Auflösung des Flüchtlingslagers in Gießen. Es kam jedoch ganz anders. Kurze Zeit später bestimmte die Militärregierung, dass Gießen ab September 1949 als Lager für SBZ-Flüchtlinge genutzt werden sollte.

Die Stadt wehrte sich. Bereits 1948 hatte der Oberbürgermeister in einem Lagebericht um eine Verlegung des Lagers gebeten. Welche Gründe führt der Oberbürgermeister dafür an?

Aufgabe 4
Beantworte die Fragen in jeweils etwa 2 Sätzen

  • Arbeite aus den beiden Texten heraus, welche Gründe von Bedeutung waren? Markiere diese Passagen.

  • Wie bewertet der Oberbürgermeister die Auswirkungen des Flüchtlingslagers auf das Leben in der Stadt?

  • Wie bewertest du die Forderung des Oberbürgermeisters, die Polizeikräfte zu erhöhen oder das Regierungslager zu verlegen?

Q 1 (Auszug aus dem Bericht des Oberbürgermeisters, 1948):

„Der Raummangel
Mit Ausnahme des Finanzamtes, das inzwischen wieder aufgebaut wurde, sind so gut wie sämtliche städtischen und staatlichen Dienststellen behelfsmäßig – zum großen Teil in Baracken – untergebracht, und zwar größtenteils raummäßig auch völlig ungenügend. […] Die städtischen Dienststellen mussten in nicht weniger als 21 getrennt liegenden Gebäuden verteilt werden. Diese Zerrissenheit ist einerseits die Folge der Zerstörung des gesamten Stadtkerns durch Bomben und andererseits der außerordentlich starken Belegung Gießens mit Besatzungseinheiten und -einrichtungen.

Regierungsdurchgangslager
Seit dem Einsetzen des Flüchtlingsstromes im Winter 45/46 ist Gießen auch Flüchtlingsverteilungszentrale geworden. […] Die Stadtverwaltung hat aus ihrem Verantwortungsgefühl für die Linderung dieser allergrößten Not alles irgendwie verfügbare Material für diese Zwecke zusammengerafft und dabei der Bevölkerung der Stadt vieles vorenthalten und entziehen müssen, was auch für diese lebensnotwendig war und ist.

Durch das Regierungsdurchgangslager kommen monatlich Tausende von Personen nach Gießen, die nicht nur die Stadt raummäßig belasten, sondern auch die polizeilichen, sicherheitsmäßigen und gesundheitlichen Schwierigkeiten und Gefahren erhöhen, die ohnehin durch die übermäßig starke Besatzung und die farbigen Truppen gegeben sind. […] Es musste sich daraus ein sittlich-moralisches Problem entwickeln, das einerseits in der Verhaftungsziffer von monatlich rund 300 geschlechtskranken Frauen seinen Ausdruck fand […]“

StadtArchiv Gießen N 2994

Das NAL in Gießen | Schaufenster des Westens

Das Notaufnahmelager Gießen entwickelte sich zum festen Bestandteil der Flüchtlingsgeschichte der Bundesrepublik DeutschlandHier werden die Anfänge behandelt und wird ein Ausblick gegeben auf die Geschichte des NAL bis zum Mauerfall.

Aufgabe 5

  • Lies den Text rechts, der dir einen Überblick gibt über den unmittelbar Verlauf des NAL ab den 1950er Jahren.

Landespolitiker initiierten einen Lagerneubau. In der Begründung hieße es, dass Gießen in einem miserablen Zustand sei und damit kein „Schaufenster des Westen“ sei.

Aufgabe 6

  • Erkläre diese Aussage im Kontext der deutsch-deutschen Geschichte. Nimm an, du erklärst diese Aussage jemanden, der dieses Modul und den historischen Kontext nicht kennt. Verwende mindestens 6 der folgenden Begriffe. Schreibe mindestens 6 Sätze.

Kapitalismus – Kommunismus – Planwirtschaft – Marktwirtschaft – Demokratie – Diktatur – Freiheit – Republikflucht – Westintegration – BRD – DDR – Sowjetische Besatzungszone (SBZ) – Berliner Mauer – Systemkonkurrenz – Propaganda – Fluchtursachen – Vertreibung – Heimatverlust – Besatzungszonen – Teilung Deutschlands – Wohnraummangel – Repression – Überwachung – Mangelwirtschaft

„Schaufenster des Westens“

Trotz der Forderungen lokaler Politiker, das Lager zu verlegen, hielt das Bundesvertriebenenministerium an Gießen als Standort fest. Ausschlaggebend waren die günstige Lage und bereits getätigte Investitionen. Eine Verlagerung wurde ausgeschlossen.

Unter diesen Umständen versuchte man stattdessen die Bedingungen für das Lager und damit auch für die Stadt zu verbessern. „Die Unterkünfte sind in ihre[m] Zustand kein Schaufenster für die Bundesrepublik“, hieß es. Besonders die Unterbringung von Flüchtlingen aus der SBZ wäre trostlos und menschenunwürdig.

1955 begann der Neubau mit der offiziellen Grundsteinlegung. Die alten Baracken wurden in mehreren Bauphasen durch moderne, mehrstöckige Gebäude ersetzt. Damit endete auch das politische Interesse an einer Verlegung. Es blieb aber immer ein Spiegelbild der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 etwa sank die Zahl der Flüchtlinge deutlich. Daher entschied sich die Bundesregierung dafür, Gießen als einziges zentrales Notaufnahmelager weiterzuführen.

In den 1960er- und 70er-Jahren wandelte sich die Funktion des Lagers, da nun auch Spätaussiedler, Asylsuchende und Menschen aus anderen Ländern dort untergebracht wurden. Trotz aller Umstände blieb Gießen für viele der erste Kontaktpunkt mit einem neuen Leben in Deutschland. Die Geschichte des Lagers zeigt, wie Aufnahme, Integration und auch Ausgrenzung in der Bundesrepublik organisiert wurden.

Grundlage die Untersuchung von Jeannette van Laak (2017): Einrichten im Übergang.

Notaufnahmelager Gießen 1950-90 | Baustein 03

"Notaufnahmegesetz"

Von Beginn an steht im Grundgesetz der Artikel 11: „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.“ Es gibt allen deutschen Staatsangehörigen das Recht, sich innerhalb Deutschlands frei zu bewegen und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt frei zu wählen. Ein fundamentales Grundrecht.

Mit dem der riesigen Anzahl an Flüchtlingen aus der DDR entstand ein Problem: Soll die Tür für Menschen aus der Ostzone offen stehen? Eine heftige Debatte darüber brach aus. Die erste Bundesregierung (CDU, FDP, DP) fordert ein Ende der Zuwanderung. Die Kommunen seien überlastet, der Weststaat stünde vor dem Kollaps. Nur Personen in akuter politischer Gefahr dürften kommen. Die SPD Opposition im Bundestag reagiert empört: Freizügigkeit gelte für alle Deutschen. Der Bund habe die Pflicht, jeden Geflüchteten zu versorgen und einzugliedern. Was tun?

In diesem Modul erwarten dich 3 Arbeitsschritte.

MENSCHEN AUFNEHMEN

03

Menschen aufnehmen | Notaufnahmegesetz

In einer Demokratie regeln unklare Situationen Gesetze. Im Vorfeld erfolgt eine Debatte darüber, welche über die Stichhaltigkeit von Argumenten. Letzlich finden in den Gesetzen Kompromisse ihren Niederschlag. Wie zeigt sich der Kompromiss im Gesetz? Und: Lässt sich das Gesetz sinnvoll in der Praxis umsetzen?

Aufgabe 1

  • Lies zuerst das Gesetz über die Notaufnahme der Deutschen in das Bundesgebiet aufmerksam im Original.

  • Lies die beiden Positionen der Parteienlager (CDU/FDP und SPD)

  • Du findest Auszüge aus dem Gesetz jeweils im Slider. Gib eine Einschätzung darüber ab, ob die Gesetzesregelung eher der Position der CDU oder der SPD entspricht

Deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, […] bedürfen, […] für den ständigen Aufenthalt einer besonderen Erlaubnis.

CDU/FDP – Pro strenge Zuwanderungsregelung

SPD – Contra strenge Zuwanderungsregelung

Diese besondere Erlaubnis darf Personen nicht verweigert werden, die wegen einer drohenden Gefahr für Leib und Leben, für die persönliche Freiheit oder aus sonstigen zwingenden Gründen.

CDU/FDP – Pro strenge Zuwanderungsregelung

SPD – Contra strenge Zuwanderungsregelung

Die in § 1 bezeichneten Personen haben sich in einem dafür bestimmten Lager zu melden. Über die Aufenthaltserlaubnis entscheidet ein Aufnahmeausschuß.

CDU/FDP – Pro strenge Zuwanderungsregelung

SPD – Contra strenge Zuwanderungsregelung

Gegen die ablehnende Entscheidung des Aufnahmeausschusses ist die Beschwerde an einen Beschwerdeausschuß gegeben, der abschließend entscheidet.

CDU/FDP – Pro strenge Zuwanderungsregelung

SPD – Contra strenge Zuwanderungsregelung

Die Bundesregierung oder die von ihr beauftragte Stelle bestimmt das Land, in dem der nach § 2 Aufgenommene seinen ersten Wohnsitz zu nehmen hat.

CDU/FDP – Pro strenge Zuwanderungsregelung

SPD – Contra strenge Zuwanderungsregelung

Angesicht der Lage in den 1950er Jahren, so wie du sie bis jetzt kennengelernt hast: Welche Ablehnungsquote erwartest du?

0%

100%

Position eines Regierunsgvertreters aus der FDP August-Martin Euler (27.03.1950)
„Wenn wir keinerlei Schutzmaßnahmen gegen diejenigen treffen, die aus leichtsinnigen Erwägungen hierherkommen, weil sie glauben, hier ein viel besseres Fortkommen zu haben als drüben in der Ostzone – eine Annahme, die allzu leicht durch die viel schlechteren Lebensverhältnisse in der sowjetischen Zone hervorgerufen wird -, wenn wir keine Vorsorge dagegen treffen, dann schwillt eben der Zustrom aus der Ostzone derart an, daß hier ein Verelendungsheer entsteht, gegen das es gar keine Möglichkeiten der Sicherung und Abhilfe gibt.“

Position der Regierungsopposition Bielig (SPD)
„…wir [sind] der Meinung, daß hier Artikel 11 Absatz 2 des Grundgesetzes Anwendung finden muß, der Artikel, der die Freizügigkeit der Deutschen behandelt. Wir müssen denen, die aus der Ostzone in die Bundesrepublik kommen, weitestgehend die Möglichkeit geben, ihr Leben in Freiheit zu führen.“

https://dserver.bundestag.de/btp/01/01027.pdf (S. 842) (Bielig) – https://opendiscourse.de/plenarsitzungen/1-52 (Euler)

Menschen aufnehmen | Gesetz und Praxis

Das Notaufnahmegesetz ist ein Kompromiss. Er beruht auf Vorannahmen, also v.a. darauf, was passieren würde, wenn man etwas nicht regelt.

Rechts siehst du die Verteilungszahlen, wie der Notaufnahmeausschuss 1951 entschieden hat. Alle Anträge außer der Ablehnungen wurden bewilligt. Hast du das erwartet?

Eine Besonderheit bedarf hier der Erwähnung: Das Notaufnahmegesetz legte zwar formal fest, dass die nach dem Gesetz Abgelehnten in der SBZ/DDR zurückkehren sollten, doch diese Aufforderung wurde in der Folge nicht kontrolliert. Welche Gründe könnten hierfür eine Rolle spielen? Und was sagt das über die Politik und die Gesellschaft aus?

Aufgabe 2

  • Wie bewertest du das Gesetz und ihre Durchführung? Antworte in mindestens 5 Sätzen. Du kannst dich auf die beiden Fragen oben beziehen, und du kannst dich auf die Beschreibung rechts beziehen, die heutige Positionen darstellt.

Eine vergleichende Perspektive von heute:
Heute gelten internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention, die bestimmte Mindeststandards beim Schutz von Geflüchteten festlegen. Auch das Grundgesetz garantiert jedem Menschen Würde und Rechtsschutz – unabhängig von seiner Herkunft.

Notaufnahmelager Gießen 1950-90 | Baustein 04

Wie ergeht es Menschen, die ankommen?

Wer in ein unbekanntes Land flüchtet, kommt deswegen nicht selbstverständlich an. Die Erinnerung an Heimat und Verlust sind mächtig. 1946 schrieb eine junge geflüchtete Frau in einem Leserbrief: „Niemand schenkt mir einen Blick, niemand kennt mich hier, niemand nickt mir freundlich zu. Ich sehe nur fremde Gesichter in einer fremden Stadt.“ Und im selben Brief heißt es: „Das Weh um die Heimat ist so schlimm wie der Hunger.“

Flüchten meint, alles zu verlieren, auch Geborgenheit und Zuwendung. Was bedeutet es für Menschen, die nichts mehr haben, in einem Lager zu sein? Welche Erfahrungen machen Menschen dann an Orten, die sie nicht erwarten? Was heißt jeweils „Ankommen“?

In dem Modul erwarten Dich 2 Arbeitsschritte.

MIGRATIONSERFAHRUNGEN

04

Migrationserfahrungen | Was hinter uns lag …

Ende der 1950er Jahre flüchtete Frau Hollbein nach Westdeutschland. Sie wurde in Gießen „durchgeschleust“, wie es damals hieß. Etwa 25 Jahre nach dieser Erfahrung erzählt sie in einem Zeitzeugeninterview, wie es ihr als junge Abiturientin erging.

Vera Hollbein wurde 1939 in Sachsen geboren. Ihr Vater war Jurist und die Mutter zunächst Fürsorgerin. Der Vater blieb im Krieg und die Mutter zog die beiden Töchter allein auf. Vera machte das Abitur, wurde aber nicht zum Studium zugelassen… Als auch die jüngere Schwester ähnlichen politischen Zumutungen ausgesetzt wurde, beschloss die Familie in den Westen zu gehen.

Aufgabe 1

  • Lies das Zeitzeugeninterview rechts aufmerksam durch.

  • Schätze dann in einem ersten Schritt ein: In welchem Ton spricht diese Zeitzeugin? Markiere dazu mindestens 2-3 Begriffe, die dir passend erscheinen.

„Es war alles besser, als das, was hinter uns lag“

„…In Marienfelde kam man dann in so ein Barackenlager, sechs Mann in einer Stube, Doppelbetten und so weiter. Und man hat dann die verschiedenen Stationen durchlaufen, um Papiere zu kriegen. Es gab damals eine Unterteilung. Flüchtlingsausweis A, B und C. Und den C bekam man, wenn man stichhaltige politische Gründe angeben konnte. Naja, und die hatte ich ja zur Genüge. Ich war drei Tage da und wurde dann nach Gießen geflogen. Und in Gießen ging die Prozedur dann nochmal weiter. Ich wollte in Gießen studieren und hatte auch eine Tante in der Kasseler Gegend, war deswegen nur drei Tage im Lager.

Das Lagerleben war unauffällig. Man hat das so über sich ergehen lassen. Die Personalien wurden aufgenommen und es wurde nochmal geprüft, was so los ist. Man kam zur Befragung in den Wartweg, da saßen die Amerikaner, der CIA. Die haben alle Leute befragt, ob da nicht irgendwelche Spione dabei waren oder ob sie jemanden zur Mitarbeit auf ihre Seite verpflichten konnten. Denn es gab ja durchaus Leute, die hin und hergependelt sind und für die Bundesrepublik spioniert haben. Auf umgekehrtem Weg gab es auch in Westdeutschland genug Spione aus der DDR, die hatten gar keine Skrupel. Aber so eine kleine Schülerin, das war völlig unauffällig. Das war eine Nullachtfünfzehn-Befragung und dann ist man wieder entlassen worden. Und dann bekam ich sehr bald den C-Schein. Das war der Flüchtlingsausweis aus politischen Gründen und dann ging der Weg hier drüben los…

Also, zum Notaufnahmelager kann ich nicht viel Spektakuläres sagen. Aber es war nicht schlecht. Man wusste ja, dass man nicht in eine private Villa kommt, wo man mit Glaceehandschuhen angefasst wird. Sondern man wusste, man durchläuft einen Prozess, der notwendig ist für einen Neuanfang. Und dass da kein roter Teppich war, war uns allen klar und auch egal. Wir waren ja durch die DDR nicht verwöhnt. Gerade diejenigen, die sich entschlossen haben diesen Weg zu gehen, weil politische Repressalien hinter ihnen lagen, haben nicht gemessen: Das ist schön. Das ist nicht schön, sondern „Das ist zweckmäßig. Das muss so sein. Das gehört zu meinem Weg in die Freiheit‘ Denn das war es ja letztlich auch. Auch wenn das theatralisch klingt, aber es war alles besser als das, was hinter uns lag. Man wurde freundlich aufgenommen und man wurde nicht nach politischem Maß gemessen oder nach der Herkunft beurteilt, wie man uns in der DDR immer das Gefühl gab. Das war hier völlig neutral, ganz im Gegenteil positiv. Und die Leute, die hiergearbeitet haben, haben einen guten Job gemacht.

Es ging eigentlich nur vorwärts. In kleinen Schritten, auch beim Studium. Es hat mir Spaß gemacht nach diesen zwei Jahren Unterbrechung wieder zu lernen. Es war schön, dass kein politischer Druck da war. Dass man sich einteilen konnte. Was man gemacht hat, hat man gemacht. Und natürlich haben wir von drüben alle den Weggesehen und sind den Weg gegangen. Da war keiner dabei, der Prüfungen geschoben hat oder verlängert hat. Nur einer im Semester hatte ein Auto. Das war der Sohn von einem Zahnarzt hier aus der Nähe, aber sonst hatte keiner ein Auto. Wir waren alle auf demselben finanziellen Niveau.“

Sehnsuchtsort Gießen? Erinnerungen an die DDR-Ausreise und den Neubeginn in Hessen (2016), hrsg. von Jeannete van Laak und Florentin Mück. Auszüge von S. 62-65.

Migrationserfahrungen | Was hinter uns lag …

Ende der 1950er Jahre flüchtete Frau Hollbein nach Westdeutschland. Sie wurde in Gießen „durchgeschleust“, wie es damals hieß. Etwa 25 Jahre nach dieser Erfahrung erzählt sie in einem Zeitzeugeninterview, wie es ihr als junge Abiturientin erging.

Vera Hollbein wurde 1939 in Sachsen geboren. Ihr Vater war Jurist und die Mutter zunächst Fürsorgerin. Der Vater blieb im Krieg und die Mutter zog die beiden Töchter allein auf. Vera machte das Abitur, wurde aber nicht zum Studium zugelassen… Als auch die jüngere Schwester ähnlichen politischen Zumutungen ausgesetzt wurde, beschloss die Familie in den Westen zu gehen.

Aufgabe 1

  • Lies das Zeitzeugeninterview rechts aufmerksam durch.

  • Schätze dann in einem ersten Schritt ein: In welchem Ton spricht diese Zeitzeugin? Markiere dazu mindestens 2-3 Begriffe, die dir passend erscheinen.

„Es war alles besser, als das, was hinter uns lag“

„…In Marienfelde kam man dann in so ein Barackenlager, sechs Mann in einer Stube, Doppelbetten und so weiter. Und man hat dann die verschiedenen Stationen durchlaufen, um Papiere zu kriegen. Es gab damals eine Unterteilung. Flüchtlingsausweis A, B und C. Und den C bekam man, wenn man stichhaltige politische Gründe angeben konnte. Naja, und die hatte ich ja zur Genüge. Ich war drei Tage da und wurde dann nach Gießen geflogen. Und in Gießen ging die Prozedur dann nochmal weiter. Ich wollte in Gießen studieren und hatte auch eine Tante in der Kasseler Gegend, war deswegen nur drei Tage im Lager.

Das Lagerleben war unauffällig. Man hat das so über sich ergehen lassen. Die Personalien wurden aufgenommen und es wurde nochmal geprüft, was so los ist. Man kam zur Befragung in den Wartweg, da saßen die Amerikaner, der CIA. Die haben alle Leute befragt, ob da nicht irgendwelche Spione dabei waren oder ob sie jemanden zur Mitarbeit auf ihre Seite verpflichten konnten. Denn es gab ja durchaus Leute, die hin und hergependelt sind und für die Bundesrepublik spioniert haben. Auf umgekehrtem Weg gab es auch in Westdeutschland genug Spione aus der DDR, die hatten gar keine Skrupel. Aber so eine kleine Schülerin, das war völlig unauffällig. Das war eine Nullachtfünfzehn-Befragung und dann ist man wieder entlassen worden. Und dann bekam ich sehr bald den C-Schein. Das war der Flüchtlingsausweis aus politischen Gründen und dann ging der Weg hier drüben los…

Also, zum Notaufnahmelager kann ich nicht viel Spektakuläres sagen. Aber es war nicht schlecht. Man wusste ja, dass man nicht in eine private Villa kommt, wo man mit Glaceehandschuhen angefasst wird. Sondern man wusste, man durchläuft einen Prozess, der notwendig ist für einen Neuanfang. Und dass da kein roter Teppich war, war uns allen klar und auch egal. Wir waren ja durch die DDR nicht verwöhnt. Gerade diejenigen, die sich entschlossen haben diesen Weg zu gehen, weil politische Repressalien hinter ihnen lagen, haben nicht gemessen: Das ist schön. Das ist nicht schön, sondern „Das ist zweckmäßig. Das muss so sein. Das gehört zu meinem Weg in die Freiheit‘ Denn das war es ja letztlich auch. Auch wenn das theatralisch klingt, aber es war alles besser als das, was hinter uns lag. Man wurde freundlich aufgenommen und man wurde nicht nach politischem Maß gemessen oder nach der Herkunft beurteilt, wie man uns in der DDR immer das Gefühl gab. Das war hier völlig neutral, ganz im Gegenteil positiv. Und die Leute, die hiergearbeitet haben, haben einen guten Job gemacht.

Es ging eigentlich nur vorwärts. In kleinen Schritten, auch beim Studium. Es hat mir Spaß gemacht nach diesen zwei Jahren Unterbrechung wieder zu lernen. Es war schön, dass kein politischer Druck da war. Dass man sich einteilen konnte. Was man gemacht hat, hat man gemacht. Und natürlich haben wir von drüben alle den Weggesehen und sind den Weg gegangen. Da war keiner dabei, der Prüfungen geschoben hat oder verlängert hat. Nur einer im Semester hatte ein Auto. Das war der Sohn von einem Zahnarzt hier aus der Nähe, aber sonst hatte keiner ein Auto. Wir waren alle auf demselben finanziellen Niveau.“

Sehnsuchtsort Gießen? Erinnerungen an die DDR-Ausreise und den Neubeginn in Hessen (2016), hrsg. von Jeannete van Laak und Florentin Mück. Auszüge von S. 62-65.

Migrationserfahrungen | Was hinter uns lag …

Ende der 1950er Jahre flüchtete Frau Hollbein nach Westdeutschland. Sie wurde in Gießen „durchgeschleust“, wie es damals hieß. Etwa 25 Jahre nach dieser Erfahrung erzählt sie in einem Zeitzeugeninterview, wie es ihr als junge Abiturientin erging.

Vera Hollbein wurde 1939 in Sachsen geboren. Ihr Vater war Jurist und die Mutter zunächst Fürsorgerin. Der Vater blieb im Krieg und die Mutter zog die beiden Töchter allein auf. Vera machte das Abitur, wurde aber nicht zum Studium zugelassen… Als auch die jüngere Schwester ähnlichen politischen Zumutungen ausgesetzt wurde, beschloss die Familie in den Westen zu gehen.

Aufgabe 1

  • Lies das Zeitzeugeninterview rechts aufmerksam durch.

  • Schätze dann in einem ersten Schritt ein: In welchem Ton spricht diese Zeitzeugin? Markiere dazu mindestens 2-3 Begriffe, die dir passend erscheinen.

Migrationserfahrungen | Zeitzeugenanalyse

Zeitzeugeninterviews sind eine wertvolle Quelle, bringen aber eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Es sind subjektive Erinnerungen, die durch persönliche Perspektiven und spätere Erfahrungen geprägt sind. Sie können lückenhaft, emotional gefärbt oder unbewusst verändert sein.

Zeitzeugeninterviews sind keine neutralen Berichte, sondern interpretierte Rückblicke auf die eigene Vergangenheit. Ihre Stärke liegt weniger in der Faktenwiedergabe, sondern in der Erfahrungsgeschichte, also wie Menschen ihre Lebensrealität selbst erlebt, gedeutet und verarbeitet haben – etwa beim Arbeiten oder im Alltag.

Aufgabe 2
Wie schätzt du Vera Hollbein nach folgenden Kriterien (Fragen) ein?

  • Bewege dazu den Slider an die entsprechende Position.

Wie klar und strukturiert erzählt die Zeitzeugin ihre Geschichte?

sehr gut nachvollziehbar

sehr sprunghaft

Migrationserfahrungen | Zeitzeugenanalyse

Zeitzeugeninterviews sind eine wertvolle Quelle, bringen aber eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Es sind subjektive Erinnerungen, die durch persönliche Perspektiven und spätere Erfahrungen geprägt sind. Sie können lückenhaft, emotional gefärbt oder unbewusst verändert sein.

Zeitzeugeninterviews sind keine neutralen Berichte, sondern interpretierte Rückblicke auf die eigene Vergangenheit. Ihre Stärke liegt weniger in der Faktenwiedergabe, sondern in der Erfahrungsgeschichte, also wie Menschen ihre Lebensrealität selbst erlebt, gedeutet und verarbeitet haben – etwa beim Arbeiten oder im Alltag.

Aufgabe 2
Wie schätzt du Vera Hollbein nach folgenden Kriterien (Fragen) ein?

  • Bewege dazu den Slider an die entsprechende Position.

Wie klar und strukturiert erzählt die Zeitzeugin ihre Geschichte?

sehr gut nachvollziehbar

sehr sprunghaft

Wie antwortet die Zeitzeugin?

sehr konkret

sehr allgemein

Wie versucht die Zeitzeugin, ihr Verhalten zu rechtfertigen oder zu erklären?

deutlich

gar nicht

Welche Gefühle zeigt die Zeitzeugin beim Erzählen?

emotional

distanziert

Wie spricht die Zeitzeugin über andere Personen oder Gruppen?

respektvoll

abwertend/pauschalisierend

Verwendet die Zeitzeugin persönliche Erlebnisse oder bleibt sie allgemein?

viele eigene Beispiele

kaum persönliche Schilderungen

Wie stark prägt die Gegenwart (z.B. heutige Werte oder Wissen) die Erinnerung?

stark reflektiert

sehr vergangenheitsbezogen

Welche Rolle gibt sich die Zeitzeugin selbst?

aktiv handelnd

eher passiv beobachtend

Bei dieser Analyse ging es nicht um einen politischen Blick auf die Zeit. Dafür müsste ein Historiker noch weitere Quellen zum Vergleich heranziehen. Hier geht es darum, wie die Migration von Vera Hollbein individuell erfahren und erinnert wird. Aufgabe 3
  • Formuliere in etwa 3 Sätzen aus, wie du die Rolle der Zeitzeugin (Selbstbild) beurteilst. Beziehe dabei den Interviewtext (deine Markierungen zur letzten Frage) mit ein. Wie geht das? Hier hast du zwei Formulierungsbeispiele: Beispiel 1 und Beispiel 2.

Notaufnahmelager Gießen 1950-90 | Baustein 05

Vom Flüchtlingslager zum Erinnerungsort​

Fast eine Million Flüchtlinge, Vertriebene und Aussiedler aus der DDR und ehemaligen Ostblockstaaten kamen bis zur Wiedervereinigung im „Notaufnahmelager Gießen“ an – nach dem Mauerfall wurde die Einrichtung quasi überrannt. Sie erhielten eine erste Versorgung auf dem Weg, zu bleiben. Jetzt entsteht dort eine Gedenkstätte.

Du hast bis hierher viel über das Notaufnahmelager in Gießen erfahren. Nun ist es Zeit für dich, eine eigene Position zu beziehen. Wie könnten wir, deiner Meinung nach, sinnvoll an dieses Lager erinnern?

In diesem Modul erwarten dich 3 Arbeitsschritte

ERINNERUNGSORT NOTAUFNAHMELAGER

05

Erinnerungsort Notaufnahmelager | Erinnerung

Es gibt nie nur eine Erinnerung, schreibt die Historikerin Claudia Klemm. Sie ist Expertin beim Thema Erinnerungskultur, das ist die Art, wie wir historischer Ereignisse gedenken. Und genau dies sagt vieles darüber aus, wie wir unsere Gegenwart verstehen.

Du hast dir mit diesem Modul einen konkreten Eindruck darüber verschafft, wie es den Menschen damals erging und wie die Politik handelte. Mit diesem Wissen kannst du dich nun entscheidenWelche Bedeutung besitzt für dich ein Ort wie das Notaufnahmelager Gießen?

Aufgabe 1
Welche der folgenden Aussagen entspricht am ehesten deiner Position?

  • Ziehe dazu 3-4 Aussagen in das Feld.

Erinnerungsort Notaufnahmelager | Themenwahl

Sich an eine gemeinsame Geschichte zu erinnern, führt Menschen zusammen. Jetzt geht es darum, darüber nachzudenken, woran genau und wie wir uns an Ereignisse erinnern können.
Angenommen, die Bedeutung, die du in der deutsch-deutschen Geschichte siehst, sollte auch anderen jungen Menschen vermittelt werden. Mit welchen Themen sollte das geschehen?

Eine Agentur, die auf historische Ausstellungen spezialisiert ist, hat Vorschläge gemacht, welche Themen in einer Ausstellung aufgenommen werden können. Angenommen, du könntest darüber entscheiden, welche Themen besonders hervorgehoben werden sollten, welche wären das?

Aufgabe 2

  • Wähle 7 Themen aus. Ziehe sie dann in das für dich passende Feld.

Erinnerungsort Notaufnahmelager | Statement

Du hast dich in Arbeitschritt 1 (AS1) entschieden, welche Bedeutung ein Erinnerungsort wie das NAL Gießen für dich hat. In Arbeitschritt 2 (AS2) hast du inhaltliche Schwerpunkte gesetzt für eine Ausstellung vor Ort.

Nimm folgende Situation an: In eurer Klasse besprecht ihr aus, ob sich ein Besuch des NALs in Gießen fachlich und persönlich lohnt. Es ist also eine Frage, welche Bedeutung das NAL als historisches und geschichtkulturelles Ort besitzt. Überzeuge deine Mitschüler in einem kurzen Statement von deiner Position (besuchen oder nicht besuchen). Argumentiere mit der Bedeutung des Ortes für dich als Erinnerungsort (siehe AS 1) und argumentiere mit den inhaltlichen Themen der Ausstellung (AS2), wie du sie gewählt hast. Hier hast du zwei Beispiele, wie solche Statements aussehen könnten. Statement 1, Statement 2 und Statement 3.

Aufgabe 3

  • Schreibe dieses Statement mit deinen eigenen Einschätzungen und Entscheidungen aus AS1 und AS2 in etwa 8 Sätzen.

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